Wie der Grosse Rat die Trämli-Stilllegungen der 1950er und -60er Jahre aufnahm

Seit dem 14. Dezember fährt erstmals seit 1967 wieder ein Basler Tram über die Grenze - die erste neue grenzüberschreitende Tramlinie in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Grosse Rat hat für die Tramverlängerung nach Weil am Rhein vor sechs Jahren mit klarem Mehr 37,6 Millionen Franken bewilligt. In den 50er und 60er Jahren hatte die Politik den drei deutschen und elsässischen Tramlinien kaum nachgetrauert.

tram loerrach letzte fahrt staatsarchiv
Auf letzter Fahrt © Staatsarchiv BS 

 

In der Gunst der Stunde stand der Bus, und zwar nicht nur in Basel, sondern auch auf elsässischer und deutscher Seite: Die Tramgleise waren erneuerungsbedürftig, die von der BVB gemieteten Trämli überaltert, die Strecken teils nur einspurig mit Zweirichtungs-Wagen befahrbar. Saint-Louis betrieb seine Tramlinie noch bis 1957 selbst, dann setzte der Stadtrat die Stilllegung zugunsten der leistungsfähigeren Omnibusse durch; Huningue folgte 1961. Am längsten hielt Lörrach durch, das die Strecke bis zur Grenze seit Kriegsende ebenfalls selbst betrieb. 1967 zog aber auch hier der Stadtrat die Reissleine - entgegen dem Wunsch der Bevölkerung.

Kein einziger Vorstoss im Parlament

In den Grossratsprotokollen findet sich für die 50er und 60er Jahre kein einziger Vorstoss zur Stilllegung der grenzüberschreitenden Tramlinien, erst recht kein bedauernder.

Es war die Zeit, in der die Automobilverbände und Teile der Bevölkerung das Tram ganz aus der verkehrsgeplagten Stadt verbannen wollten. Neue Tramwagen, vom Grossen Rat mehrheitlich gutgeheissen, lehnte das Volk in Referendumsabstimmungen 1955 und 1963 ab - gefragt waren neue, leistungsfähige Busse. Wenn in dieser Zeit also schon für modernere Trams auf Kantonsboden nicht genug Geld da war, so galt das Interesse von Kanton und BVB erst recht nicht den Tramlinien ins grenznahe Ausland.

Die erste grenzüberschreitende Tramlinie über die St. Johanns-Vorstadt nach Sankt Ludwig (Saint-Louis, damals noch Deutsches Reich) hatte der Grosse Rat übrigens 1899 beschlossen. Sie wurde 1900 Realität - mehrere Jahre, bevor beispielsweise Riehen eine Tramlinie erhielt.

 

Text Eva Gschwind, Parlamentsdienst BS 

Foto: Letzte Fahrt des Lörracher Trams am 31.08.1967. Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013-1-3435_1 (Foto Hans Bertolf)Quellen: Grossratsprotokolle 16.1.2008 sowie 1954-1967; Lit.:"Basel und sein Tram", Stephan Appenzeller, 1995. 

Ratschlag und Bericht der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission des Grossen Rates zur Tramverlängerung Nr. 8 nach Weil (2008)