1966 ebnet der Grosse Rat dem Frauenstimmrecht den Weg. 1916 debattiert er es zum ersten Mal.

Vor 50 und vor 100 Jahren: Am 17. Februar 1966 beschloss der Grosse Rat, das kantonale Frauenstimmrecht direkt, ohne Umweg über eine Volksinitiative, an die Urne zu bringen. Ab 1916 hatte der Rat die politische Teilhabe der Frauen immer wieder auf seiner Traktandenliste.

frauenstimmrecht
Mit Fackeln endlich zum Ziel © Staatsarchiv BS 

 

«Wir sind wieder einmal soweit!», stellte Regierungspräsident Alfred ab Egg am 17. Februar 1966 vor dem Grossen Rat fest. «Wohl sagt man: Eile mit Weile. Aber Weile haben wir jetzt genügend gehabt, es ist jetzt Zeit für die Eile».

Die Regierung beantragte dem Grossen Rat im Sinne eines Gegenvorschlags, die (männlichen) Stimmberechtigten direkt über die Einführung des Frauenstimmrechts abstimmen zu lassen. Statt den Umweg zu nehmen: Nämlich nur über jene Volksinitiative abzustimmen, die 1957 vom Frauenstimmrechtsverband eingereicht worden war und die eine gemeinsame Abstimmung der Frauen und Männer über das Frauenstimmrecht ermöglichen wollte. Der Grosse Rat folgte dem Regierungsrat mit 71 gegen 27 Stimmen.

Gegenargument Wiedervereinigungsinitiative BS/BL

Die Meinungen waren gemacht; entsprechend wurde ein Antrag auf Kommissionsberatung abgelehnt. Noch am ehesten als neues Gegenargument taugte, die Baslerinnen könnten die anstehende Wiedervereinigungsinitiative ablehnen aus Angst, man würde ihnen das Stimmrecht wieder wegnehmen, um sie den (noch nicht stimmberechtigten) Baselbieterinnen anzugleichen.

Am 26. Juni 1966 stimmte Basel-Stadt dem Frauenstimmrecht als erster Deutschschweizer Kanton zu. Die Stimmbeteiligung war mit 34,5% mässig, das Ja betrug immerhin 60%.

Erste Ratsdebatte 1916: «Wie Schaustücke aus einer Fossiliensammlung»

Genau 100 Jahre her ist die erste Ratsdebatte zum Frauenstimmrecht. Den ersten Vorstoss reichte Franz Welti 1914 im Namen der sozialistischen Grossratsfraktion ein. Angesichts des Kriegsausbruchs zog er ihn allerdings zurück. 1916 schien der Zeitpunkt besser; Welti reichte den gleichen Anzug nochmals ein. Die Reden der Gegner «muteten uns an wie Schaustücke aus einer Fossiliensammlung», urteilte Georgine Gerhard, Präsidentin des in diesem Jahr gegründeten Vereins Frauenrechte beider Basel. Allerdings würdigte sie auch die Meinung anderer Grossräte, «ein ruhiges, abwägendes, vorsichtiges Zugeben, dass man einen Schritt vorwärts gehen sollte». Der Anzug wurde mit 61 zu 45 Stimmen abgelehnt.

Schon ein Jahr später überlegte es sich der Grosse Rat anders. Er beauftragte den Regierungsrat, wiederum veranlasst von der SP, einen Bericht und Antrag zur Einführung des Frauenstimmrechts vorzulegen. Über den regierungsrätlichen Ratschlag urteilte Gerhard, man merke ihm an, dass der Verfasser das Frauenstimmrecht nicht wünscht. Auch manche Grossräte überliessen den Entscheid wohl nicht ungerne den männlichen Stimmberechtigten. 1920 sagten diese an der Urne ein erstes Mal Nein. Dasselbe Schicksal erlitten drei weitere Abstimmungen: 1927, 1946 und 1954. Erst im fünften Anlauf brachte der Juni 1966 das Ende eines langen Ringens. Im Mai 1968 zogen 14 Frauen in den Grossen Rat ein.

Mehr zur Grossratsgeschichte

Eva Gschwind, Parlamentsdienst Basel-Stadt 

Quellen: Grossratsprotokolle vom 14.12.1916, 13.12.1917 und 17.02.1966; Zeitschrift «Frauenbestrebungen», Ausgaben 1917 und 1919; Nationalzeitung vom 18.02.1966.

Bild: Staatsarchiv BSL 1013 1-1532 1